Textile Kreisläufe schließen, Zukunft gestalten.

Neue Zukunftsstudie des FKT

10.06.2022

Die Textilwirtschaft ist in den vergangenen Jahren oft gescholten worden. Kritisiert wurde vor allem, dass heute zu viele Textilien zu schnell als Abfall enden. Große Anteile von Altkleidern werden ins Ausland exportiert. Hochwertig recycelt werden diese bislang kaum. Ein Grund dafür ist, dass es an Recyclingtechnologien fehlt, mit denen sich beispielsweise Mischgewebe auftrennen lassen. Hinzu kommen Technische Textilien, für die es bislang ebenfalls an Recyclingverfahren fehlt. Ausgediente Carbonfaserverbundwerkstoffe etwa lassen sich heute ebenso wenig hochwertig recyceln wie Textilien aus Kraftfahrzeugen, die mit Kunststoffen und Schäumen verunreinigt sind. Das Ziel ist klar: Um die Abfallmengen zu reduzieren und insgesamt nachhaltiger zu produzieren, muss es der Textilindustrie in den kommenden Jahren gelingen, eine umfassende Kreislaufwirtschaft aufzubauen, die alle Stufen der Wertschöpfungskette von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Wiederverwertung der textilen Produkte umfasst. Die Herausforderung besteht darin, dass sich die Textilindustrie wie kaum eine andere Branche über Dutzende von Prozessschritten und Wertschöpfungsstufen erstreckt. 

150 Seiten starke Broschüre bietet Lösungsansätze

Mit welchen Maßnahmen sich trotz dieser Herausforderungen eine Kreislaufwirtschaft realisieren lässt, erzählt die Broschüre „Kreislaufwirtschaft – Textile Kreisläufe schließen, Zukunft gestalten “, die das Forschungskuratorium Textil (FKT) zusammen mit dem Berliner Institut für Innovation und Technik (iit) erarbeitet hat. Auf fast 150 Seiten wird im Detail erläutert, mit welchen Maßnahmen sich die Probleme in den kommenden Jahren lösen lassen. Wie bereits die im Jahr 2020 erschienene Zukunftsbroschüre »Perspektiven 2035« des FKT überblickt das aktuelle Werk den Zeitraum bis zum Jahr 2035. Auch in diesem Fall liegt die Stärke der Broschüre darin, dass die Ergebnisse auf den Aussagen und Einschätzungen von Textilexperten beruhen und nicht nur eine Bestandsanalyse darstellen. 

Zentrales Element der neuen Studie waren vier große Workshops zum Thema Kreislaufwirtschaft, an denen insgesamt jeweils 50 Fachleute teilgenommen haben. Darin zeigte sich, dass die Branche aktuell noch eine Reihe von Hindernissen sieht, die die Entwicklung von Kreislaufprozessen erschweren. So sei noch offen, mit welchen Produkten und Services die Unternehmen in einer künftigen Kreislaufwirtschaft Geld verdienen können. Wie ist die Wertschöpfung organisiert? Welche Technologien werden entwickelt? Solche zentralen Fragen tauchten während der Workshops immer wieder auf. In der Broschüre werden die Herausforderungen und Hindernisse übersichtlich auf drei Säulen aufgeteilt: »Ökonomie«, »Ökologie« und »Gesellschaft«.  

Geballtes Expertenwissen

Als Ergänzung zum Workshop-Prozess führte das Projektteam eine Expertenbefragung über das Internet durch, an der 101 Textilfachleute teilgenommen haben. Eine wesentliche ökonomische Herausforderung sahen 89 Prozent der Experten darin, mit Recyclingtechnologien und -produkten wettbewerbsfähige Preise zu erzielen. Die größte Herausforderung in ökologischer Hinsicht ist für 92 Prozent die Wiederverwendung von Rohstoffen, weil es bislang vielfach an Technologien fehlt, um hochwertige Rohstoffe aus Textilien wiederzugewinnen. Im Hinblick auf gesellschaftliche Aspekte schätzen 84 Prozent, dass es eine große Herausforderung werden wird, bei den Kunden ein Bewusstsein für den Wert von Bekleidung zu schaffen und so der Wegwerfmentalität zu begegnen. Die Broschüre enthält darüber hinaus eine umfangreiche Liste aktueller Initiativen, die sich bereits mit dem Thema Kreislaufwirtschaft befassen und stellt zahlreiche Unternehmen vor, die schon entsprechende Produkte auf den Markt gebracht haben.

Alttextilien als Rohstoff betrachten 

Vor Kurzem hat Johannes Diebel, Geschäftsführer des FKT, die Studie auf dem Alttextiltag in Amsterdam erstmals öffentlich vorgestellt und sehr positive Rückmeldungen erhalten. Für ihn ist wichtig, dass die Branche insgesamt den Wert gebrauchter Textilien erkennt. „Die Sammler und Sortierer von heute sind die Rohstofflieferanten von morgen“, sagt er. „Wir müssen Alttextilien, egal ob Bekleidung, Produktionsabfall, Heimtextilien oder auch Technische Textilien, als wertvollen Rohstoff begreifen.“ Entscheidend sei es, die Materialströme kalkulierbar zu machen und die Zusammensetzung digital zu erfassen. Nur so ließe sich ein wirtschaftliches Recycling im industriellen Maßstab aufbauen.
 
Die Studie wird sowohl online als auch in limitierter Druckauflage erhältlich sein. Scrollen Sie einfach im Bereich Blog und Medien nach ganz unten. Dort finden Sie alle Publikationen des Forschungskuratoriums. Interessenten können gedruckte Exemplare bei Alexandra Hesse bestellen, solange der Vorrat reicht.